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Sep 02, 2020 | Andere
Aufstrebendes Afrika
Die Bedeutung von Institutionen und das industrielle Potenzial des Kontinents
Boris Kovacevic – Makro- und Währungsanalyst I Western Union Business Solutions
Institutionen als wirtschaftliches Fundament
Die Bedeutung von wirksamen institutionellen Rahmenbedingungen für das Schaffen eines vorhersehbaren Geschäfts- und Investitionsumfelds ist unter Ökonomen unumstritten.[1] Wie diverse Beispiele aus Ost- und Südostasien zeigen, wird das dadurch generierte Wirtschaftswachstum aufgrund der Entstehung einer Mittelklasse und dem Aufschrei nach mehr Freiheiten oft von einem Demokratisierungsprozess begleitet. Diese beidseitige Beziehung ist jedoch weder ein historisches, noch ein wirtschaftliches Gesetz. Insbesondere in rohstoffexportierenden Nationen profitiert oft nur eine kleine Gruppe von Individuen von den wirtschaftlichen Gewinnen. Nirgends kommt diese Tatsache deutlicher zum Ausdruck als in den rohstoffreichsten Kontinenten der Welt, Afrika und Südamerika. In diesem Kontext hat sich der Begriff „Ressourcenfluch“ etabliert, um den negativen Einfluss der sonst positiven Rohstofffülle zu beschreiben.
Vor diesem Hintergrund scheint die internationale Empfehlung renommierter Ökonomen seit Jahrzehnten auf die Bildung von transparenten Institutionen und die Investitionsverlagerung in die Industrie hinauszulaufen. Dies gestaltet sich aufgrund starrer Herrschaftsstrukturen deutlich schwieriger als gedacht, auch wenn der jüngste politische Wandel in diversen afrikanischen Ländern erste Früchte trägt. Als Aushängeschild dieses potenziellen Strukturwechsels dient das aufstrebende Ruanda. Das Land weist das zweitbeste Geschäftsklima[2] und die zweitstärkste Rechtsstaatlichkeit[3] in Afrika auf und belegt unter den Ländern mit der niedrigsten Korruption nach Botswana und den Seychellen den dritten Platz.[4] Die politische Entwicklung mündete in wirtschaftliche Erfolge. Die Wirtschaftsaktivität Ruandas ist in den vergangenen 20 Jahren um mehr als 120 Prozent gestiegen und weist für diese Periode somit die zehntgrößte Wachstumsrate der Welt auf.[5] Im Demokratisierungsprozess bleibt das Land im internationalen Vergleich jedoch weiterhin relativ weit hinten platziert.[6] Nichtsdestotrotz zeigt das Beispiel Ruandas das Potenzial institutioneller Reformen.
Das industrielle Potenzial eines Kontinents
In Zeiten sinkender Bevölkerungsraten in großen Teilen der Welt könnte sich Afrika als ein neuer Absatzmarkt etablieren. Neben dem nachfrageseitigen Potenzial des Kontinents bergen die gegenwärtigen strukturellen Veränderungen Chinas eine angebotsseitige Möglichkeit für Afrika. Die anfangs erwähnte Notwendigkeit der „Industrialisierung des Kontinents“ kommt hierbei zum Tragen. Derzeit ist Afrika nur zu 1,4% an der weltweiten industriellen Wertschöpfungskette beteiligt.[7] Laut dem Brooking Institute wird China aufgrund diverser Faktoren circa 85 bis 100 Millionen Stellen im Niedriglohnsektor abbauen.[8] Einige Afrikanische Länder könnten somit dem Beispiel Südostasiens oder Osteuropas folgen und sich den Weg zur Industrialisierung mithilfe von ausländischen Investitionen und einem konkurrenzfähigen Lohnumfeld bahnen. Insbesondere in Kenia, Ruanda und Äthiopien ist die industrielle Politikgestaltung zu erkennen. Genau wie in Ruanda verfolgt die äthiopische Regierung wirtschaftsfreundliche Strukturreformen und fördert Schlüsselsektoren wie Telekommunikation, Luftverkehr und Logistik. Internationale Unternehmen werden von dem niedrigen Arbeitskostenumfeld angezogen, welches in Südostasien so langsam an seine Grenzen stößt. Als Paradebeispiel dieses Übergangs dient die jüngste Eröffnung des Volkswagen-Fahrzeugmontagewerks in Ghana.[9] Neben den Werken in Nigeria, Südafrika, Kenia und Ruanda bildet Ghana den fünften Standort des Unternehmens in Sub-Sahara Afrika.
Diversifizierung Afrikas und die „Rising Stars“
Neben der Rohstoffabhängigkeit des afrikanischen Außenhandels nimmt die geografische Konzentration der Wirtschaftsleistung eine entscheidende Rolle in den jüngsten Debatte um die Diversifizierung des Kontinents ein. Trotz der positiven Entwicklungen in Ostafrika und einigen Ländern Westafrikas bleibt der Kontinent von einzelnen Zentren dominiert. Die „Big Three“ des Kontinents, Nigeria, Südafrika und Ägypten, repräsentieren circa die Hälfte der jährlichen Wirtschaftsleistung Afrikas. Es ist wenig erstaunlich, dass diese drei Nationen auch den größten Mehrwert in der industriellen Lieferkette auf dem Kontinent schaffen und international in den meisten Institutionen vertreten sind. Dies spiegelt sich auch im deutschen Außenhandel wider, da mehr als 50 Prozent der Exporte Deutschlands nach Afrika ihre Abnehmer in einem der drei Ländern finden.[10]
Den Bedeutungsanstieg der „Rising Stars“ Afrikas zu unterschätzen könnte sich jedoch nachhaltig als eine mögliche Fehlkalkulation erweisen. Potenzielle ostafrikanische Industriezentren wie Ruanda, Äthiopien, Kenia und Tansania konnten sich einen Bedeutungszuwachs in der globalen Wertschöpfungskette erkämpfen. Neben den im globalen Vergleich relativ freien Inselstaaten (Seychellen und Mauritius) könnten die institutionellen Anker Kontinentalafrikas (Südafrika, Namibia und Botswana) anderen Ländern als Vorbilder dienen. In Westafrika etablieren sich Ghana und Senegal immer mehr als regionale Verfechter eines stabilen Investitionsumfelds und kommen langsam aber sicher aus dem Schatten Nigerias.
Wie das wirtschaftliche Potenzial sind auch die Herausforderungen, welche den Kontinent plagen, nicht zu unterschätzen. Insbesondere die logistischen Schwierigkeiten und regionalen Besonderheiten stellen für viele deutsche mittelständische Unternehmen eine anfangs fast unüberwindbare Barriere dar. Unter der Berücksichtigung der wachsenden Fremdwährungsschulden des Kontinents muss die Wirtschaftsentwicklung somit weiter durch eine Verbesserung der Institutionen, der Reduktion von Handelsbarrieren und der Förderung des intraregionalen Handels begleitet werden. Sich auf den jüngsten Erfolgen auszuruhen wäre insbesondere vor dem Hintergrund der in diesem Jahr angefallenen Coronakrise ein Fehler. Das Momentum muss aufrechterhalten werden.
[1] Warum Nationen scheitern: Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut | Acemoglu, Daron, Robinson, James A. 2012
[2] Weltbank - Ease of Doing Business Report 2020
[3] World Justice Report - Rule of Law Index 2020
[4] Transparency International - Corruption Perception Index 2019
[5] Internationaler Währungsfond, Western Union Business Solutions 2020
[6] The Economist - Democratic Index 2018
[7] Unido – World Manufacturing Production 2019
[8] Brookings - The potential of manufacturing and industrialization in Africa 2018
[9] Volkswagen 2020
[10] Statistisches Bundesamt Deutschland – Außenhandelszahlen 2020
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